Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte im Beschluss vom 31.10.2014, AZ: 20 UF 7/14, folgenden Fall zu bewerten:
Die Eheleute hatten im Jahr 1993 die Ehe miteinander geschlossen und waren damals 22 und 27 Jahre alt. Kurze Zeit nach der Eheschließung wurde ein notarieller Ehevertrag abgeschlossen. Darin wurde der Zugewinnausgleich ausgeschlossen und ein Verzicht auf nachehelichen Unterhalt erklärt mit Ausnahme eines Betreuungsunterhalts bis zum 7. Lebensjahr des jüngsten Kindes. Für den Betreuungsunterhalt wurde der Unterhaltsanspruch des berechtigten Ehegatten jedoch begrenzt auf 50 % eines fiktiven Nettogehalts, welches er in seinem zuletzt ausgeübten Beruf im vollen Umfang erzielen könnte. Darüber hinaus wurde geregelt, dass der Versorgungsausgleich nach den gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt wird.
Nach der Feststellung des Gerichts war bereits bei Abschluss des Notarvertrages erkennbar, dass die Ehefrau ihre Altersvorsorge ausschließlich im Rahmen des gesetzlichen Versorgungssystems aufbaut und der Ehemann seine Altersvorsorge ausschließlich durch kapitalbildende Lebensversicherungen betreibt. Dies hatte zur Folge, dass die Ehefrau die Versorgungsanwartschaften über den Versorgungsausgleich teilen müsste, der Ehemann seine Altersversorgung aber voll behalten konnte, da der Zugewinnausgleich ausgeschlossen wurde. Das Gericht sieht in dieser Regelung eine einseitige Last zum Nachteil der Ehefrau.
Eine weitergehende einseitige Benachteiligung der Ehefrau wurde vom Oberlandesgericht Karlsruhe insoweit festgestellt, als für die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts der Betreuungsunterhalt auf 50 % des fiktiven Nettogehalts des im zuletzt ausgeübten Beruf erzielbaren Einkommens begrenzt wurde und dies einen erheblichen Eingriff in den Kernbereich der Scheidungsfolgen darstelle. Dadurch werde faktisch eine Obliegenheit zur halbschichtigen Erwerbstätigkeit ab der Geburt des Kindes bewirkt, was zumindest bis zum dritten Geburtstag des Kindes den gesetzlichen Vorschriften zuwider läuft.
Trotz der einseitigen Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau wies das Gericht aber darauf hin, dass für eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages neben objektiv einseitiger Vertragsgestaltung ein subjektives Element hinzukommen müsse, im Sinne einer verwerflichen Gesinnung des begünstigen Ehegatten.
Allein aus der Einseitigkeit der Lastenverteilung könne eine tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit nicht begründet werden.
Soweit die Ehefrau im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgetragen hat, dass ihr der Vertragsinhalt erstmalig bei der Beurkundung bekannt gegeben wurde und sie nicht über die ausreichende intellektuellen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügte, die Bedeutung und die Tragweite des Abschlusses des Vertrages zu verstehen, wies das Gericht darauf hin, dass es der Ehefrau frei gestanden habe, den Vertragsabschluss aufzuschieben und zunächst juristisch qualifizierte Beratung einzuholen.
Soweit die Ehefrau nach eigenen Angaben weiter im blinden Vertrauen auf den Ehemann der ehevertraglichen Regelung zugestimmt habe, begründe dies das subjektive Element der Sittenwidrigkeit ebenfalls nicht.
Wer bewusst blind vertraue und sich auf diese Weise bewusst in die Hände des Vertragspartners begebe, sei nicht Opfer eines Ungleichgewichts an Erfahrung und Intellekt, sondern Opfer enttäuschten Vertrauens. Enttäuschtes Vertrauen genüge indes nach Überzeugung des Senats nicht als subjektives Element im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB.
Wer bewusst darauf verzichtet, im Rahmen der Vertragsverhandlung durch einen eigenen Berater seine Interessen zu wahren, könne nicht erwarten, dass dieses Versäumnis später im Rahmen der Sittenwidrigkeit behoben wird.
Diese Entscheidung ist bisher nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob sich der BGH mit diesem Fall noch auseinandersetzen muss und wie dieser den Fall bewerten wird.
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