Die Erblasserin hatte gemeinsam mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben und die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben zu gleichen Teilen eingesetzt haben. Vor ihrem Tod errichtete die Erblasserin dann ein weiteres eigenes handschriftliches Einzeltestament, in dem sie eines der Kinder zum Alleinerben einsetzte. Das erstinstanzliche Nachlassgericht hatte auf dieser Grundlage zunächst einen Erbschein mit einer Alleinerbenstellung gemäß Einzeltestament erlassen. Hiergegen richtete sich die Beschwerde eines durch das Einzeltestament ausgeschlossenen Kindes.
Das Oberlandesgericht München hatte in diesem Zusammenhang über die Frage der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen in ein einem gemeinsamen Ehegattentestament und deren Voraussetzung zu entscheiden.
Gemäß § 2270 Abs. I BGB sind bei einem gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügungen wechselbezüglich und damit bindend, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen worden wäre. Jeder der beiden Verfügungen muss mit Rücksicht auf die Andere getroffen worden sein und nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden soll die Eine mit der Anderen stehen und fallen. Das Oberlandesgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.09.2010 festgestellt, dass bei der Auslegung des Erblasserwillens im Zweifel von einer Wechselbezüglichkeit auch der Schlusserbeneinsetzung auszugehen ist, so dass eine Bindungswirkung nach dem Tod des erstverstorbenen Ehegatten eintritt. Aus dem Umstand, dass das Ehegattentestament trotz notarieller Beurkundung keine Klarstellung zur Wechselbezüglichkeit enthält, kann im Einzelfall nicht gefoldert werden, dass eine solche nicht gewollt ist.
Für die Praxis ergibt sich daraus für die Testamentsgestaltung das Erfordernis, klarzustellen, welche Verfügung wechselbezüglich sein sollen und welche nicht. Ehegatten, die ein gemeinschaftliches Testament errichten, sollten auch vereinbaren, ob und unter welchen Voraussetzungen der Überlebende von wechselbezüglichen Verfügungen abweichen darf.
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