Gelegentlich werden Schwiegerkinder testamentarisch von den Schwiegereltern bedacht. Es stellt sich die Frage, wie diese letztwillige Zuwendung behandelt werden soll im Falle der Ehescheidung des Kindes vom Schwiegerkind.
Ist diese Frage im Testament nicht ausdrücklich dahingehend geregelt, dass die Auflösung der Ehe zur Ungültigkeit der Zuwendung führen soll, muss eine Auslegung stattfinden.
Zunächst ist hierbei auf den Erblasserwillen abzustellen. Der BGH hat in einer Entscheidung vom 03.02.2011, AZ: XII ZR 189/06, ausgeführt, dass Schwiegereltern Zuwendungen regelmäßig nicht an das Schwiegerkind vornehmen würden, wenn es sich dabei nicht um den Lebenspartner des Kindes handeln würde. Es kann somit von einem hypothetischen Erblasserwillen dahingehend ausgegangen werden, dass die Zuwendung an das Schwiegerkind auflösend bedingt durch die Scheidung der Ehe mit dem eigenen Kind ist.
Anders ist die Situation jedoch möglicherweise dann zu sehen, wenn ein besonderes Näheverhältnis zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkind bestand, oder das Schwiegerkind für besondere Verdienste um die Schwiegereltern durch die erbrechtliche Zuwendung belohnt werden sollte.
Auch kann eine andere Beurteilung geben sein, wenn die Eltern dem eigenen Kind die Verwaltung des Vermögens nicht zutrauen und das Schwiegerkind zum Beispiel als Testamentsvollstrecker oder Nacherbe eingesetzt wird.
Führen diese Ermittlungen des hypothetischen Erblasserwillens zu keinem Ergebnis, wurde überlegt, die Auslegungsregel des § 2077 BGB anzuwenden, der bei letztwilligen Verfügungen zwischen Ehegatten die Wirksamkeit der Verfügung vom Bestehen der Ehe abhängig macht. Der BGH hat jedoch mit Beschluss vom 02.04.2003, AZ: IV ZB 28/02, entschieden, dass die Vorschrift über die Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung bei Auflösung der Ehe im Falle der Erbeinsetzung von Schwiegerkindern nicht anwendbar sei. Als Begründung führte der BGH aus, dass die Erbeinsetzung bei Ehegatten naheliegend sei, die Zuwendung an ein Schwiegerkind jedoch eine Ausnahme.
Zwischenzeitlich hat der BGH mit Urteil vom 03.02.2010, AZ: XII ZR 189/06 und Entscheidung vom 21.07.2010, AZ: XII ZR 180/09, für lebzeitige Zuwendungen an Schwiegerkinder seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und Rückforderungsansprüche bei Scheidung der Ehe des Kindes mit dem beschenkten Schwiegerkind anerkannt. Dies mit der Begründung, dass die schwiegerelterliche Zuwendungen regelmäßig um der Ehe des eigenen Kindes Willen erfolgt. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Rechtssprechungsänderung wegen der vergleichbaren Interessenlage auch für das Erbrecht geltend muss, so dass § 2077 I BGB analog anwendbar sein müsste.
Ihr Kanzleiteam